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Durch Kunst Räume öffnen – ein Interview mit Christina Muth-Wendler

Daniela Irle

15. Juli 2025

Mit Christina Muth bin ich seit ein paar Jahren eng vernetzt. Zwei ihrer Kunstwerke entfalten ihre Wirkung in meinem Zuhause.

Vor kurzem hat sie begonnen, ihre Kunst mit Musik zu verknüpfen und via Youtube anderen zugänglich zu machen.

Ein wundervolles Sommerbild kannst du unter Schön und Unikat finden, genauso wie den Link zu ihren Sommerimpressionen verknüpft mit Camille Saint-Säens „Schwan“ aus dem Karneval der Tiere.

Heute stelle ich ihr ein paar Fragen zu ihrem Weg mit der Kunst.

 

Christina Muth - Bildausschnitt

 

1.Was hat dich motiviert deine Kunst mit Musik zu verbinden?

Der Wusch zur Musik zu malen, ist ganz natürlich und intuitiv entstanden. Bestimmte Musik löst in mir innere Prozesse aus, manchmal sehe ich dabei regelrecht einen Film vor meinem inneren Auge ablaufen. Ich kann sie nicht nur hören, sondern auch spüren. Wenn die Musik in mir nachklingt, entsteht der Wunsch ihr eine visuelle Form zu geben und ihr bildlich Leben einzuhauchen.

Seit über 13 Jahren arbeite ich nun als Künstlerin, und Musik war von Anfang an ein Teil meines Weges. Neben den Themen, die ich in meiner Kunst behandle – wie Mensch, Natur, Spiritualität oder gesellschaftliche Fragen – ist die Musik fast organisch dazugekommen. Sie wurde zu einem weiteren Ausdrucksmittel. Ein Beispiel sind meine Sommerimpressionen von 2021, die ich zu Bachs Musik gemalt habe. Seine Kompositionen sind so vielschichtig und groß, dass sie mich immer wieder neu inspirieren.

Ich glaube, dass sowohl Kunst als auch Musik besondere Räume in uns öffnen – jenseits von Sprache und Verstand. Sie sprechen andere Wahrnehmungsebenen in uns an und ihre Verbindung hat oft etwas Magisches. Etwas, das uns erhebt, berührt, manchmal sogar verändert. Diese Verbindung kann uns dazu anregen, über uns selbst nachzudenken, über Gott, über unsere Mitmenschen, über die Natur und unsere Welt. Denn: Wir sind die Welt.

 

2.Welche Herausforderungen sind dir dabei begegnet?

Die größte Herausforderung ist im Grunde immer wieder dieselbe: intuitiv zu malen – nicht aus dem Kopf heraus, sondern aus einer inneren Eingebung. Es geht darum, feinfühlig zu bleiben, offen für das, was sich im Inneren zeigt, was ich höre, spüre, wahrnehme – und genau das auf die Leinwand zu bringen.

Ich versuche, aus einer gewissen Leichtigkeit heraus zu arbeiten, nicht zu bewerten, nicht zu kontrollieren, nicht zu manipulieren. Es geht darum, nicht mit dem Verstand an das Bild heranzugehen, sondern dem Bild seine Zeit zu lassen – und es Schritt für Schritt, vom Groben ins Feine, auszuarbeiten.

Dieser Prozess kann sich über Tage oder Wochen erstrecken. Dabei ist es oft notwendig, das „Nicht-Wissen“ auszuhalten. Geduldig herauszuarbeiten, was das Bild schon vorgibt, den Fokus zu bewahren – auch wenn es mal nicht gelingt oder sich das Bild anders entwickelt, als ich es mir vorgestellt habe.

Eine der größten inneren Aufgaben ist es, jeden Anspruch und jedes Leistungsdenken loszulassen – den Anspruch an ein bestimmtes Ergebnis, an eine bestimmte Ästhetik. Denn das entsteht letztendlich von selbst: mit Zeit, Disziplin, genauem Hinsehen – und mit der Liebe zur Kunst und zum Werk.

Und auch mit einem gewissen Respekt: einer Achtung vor dem Bild, vor dem Prozess, vor dem, was sich zeigen will – bis hin zum Moment, in dem das Werk vollendet ist.

 

3.Was hilft dir, wenn du feststeckst und gerade eine neue Perspektive brauchst?

Was mir hilft, ist zum einen die Erfahrung. Ich male nun seit vielen Jahren fast ausschließlich intuitiv und kenne den Moment des „Feststeckens“ sehr gut – ehrlich gesagt tritt er fast bei jedem Bild auf. Das ist für mich zur Normalität geworden. Nur selten fließt ein Bild einfach so – ohne innere oder gestalterische Unterbrechung – durch.

Gerade die ersten ein, zwei Schichten entstehen oft leicht, spielerisch – und dann beginnt der eigentliche Prozess. Es können Unsicherheiten auftauchen: die Idee wirkt nicht mehr klar, die Komposition ist noch unausgewogen, das Ganze erscheint diffus. Das kann verunsichern. Aber ich weiß mittlerweile: Das gehört dazu.

Was mir dann hilft, ist vor allem das Vertrauen. Das Vertrauen, dass das Bild seinen Weg finden wird – auch wenn ich zwischendurch übermale, Entscheidungen revidiere oder lange nicht weiß, wie es weitergeht. Es braucht Geduld, Disziplin und ein gewisses Maß an innerer Ruhe, um diesen offenen Raum auszuhalten.

Ich arbeite ja nicht nach einem fertigen Plan, sondern aus einer inneren Eingebung heraus. Die Impulse kommen – ich würde sagen – aus einem inneren Bewusstseinsraum. Meine Aufgabe ist es, dem zu folgen. Nicht zu kontrollieren, sondern Schritt für Schritt mitzugehen. Am Ende offenbart sich die Botschaft des Bildes meist ganz von selbst – oft auf eine Weise, mit der ich nicht gerechnet hätte. In solchen Momenten spüre ich, dass das Bild mehr weiß, als ich.

 

Christina Muth - Psalm 139

4.Wann hast du begonnen professionell zu malen?

2012 habe ich begonnen, mich ernsthaft mit der Malerei auseinanderzusetzen. Ich ließ mich damals stark von Künstlern wie Franz Marc, Marc Chagall und William Turner inspirieren. Ihre Werke haben mir neue Zugänge zur Farbe, zur Stimmung und zur Ausdruckskraft der Malerei eröffnet.

In diesem Jahr bin ich auch einem inneren Ruf gefolgt – ganz konkret. Ich hörte in mir die Worte: „Christina, fang das Malen an.“ Dieser Impuls war so eindrücklich und anhaltend, dass ich ihn nicht länger ignorieren konnte. Obwohl ich eine sichere, unbefristete Stelle hatte, war für mich klar: Ich muss diesem Ruf nachgehen.

Von da an habe ich intensiv gemalt, ausprobiert, gelernt. Es war eine Zeit des Suchens, aber auch des Findens – eine Entwicklung auf mehreren Ebenen. 2020 habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Seitdem arbeite ich hauptberuflich als freischaffende Künstlerin.

 

5.Inwiefern spielt der Glaube an Gott eine Rolle bei deiner Kunst?

Der Glaube an Gott spielt eine zentrale Rolle in meiner Kunst – damals wie heute. Schon der erste Pinselstrich war ein Schritt des Gehorsams, eine Antwort auf einen inneren Ruf, eine Berufung, die ich klar empfangen habe. Ich wusste: Ich habe einen Auftrag. Mir ist etwas anvertraut worden, das ich weitergeben soll.

Ich glaube, dass Gott durch mich – oder besser mit mir – etwas erschaffen möchte. Es ist ein schöpferisches Miteinander, ein stiller Dialog zwischen dem, was ich empfinde, und dem, was durch mich Gestalt annehmen darf. Die Themen, die mich berühren, sind Themen, die auch ihn bewegen: gesellschaftliche Fragen, der achtsame Umgang mit der Natur, die Würde der Tierwelt, aber auch die existenziellen Fragen des Menschseins.

Wenn Menschen meine Bilder betrachten, öffnen sich oft Räume – oder besser gesagt: Türen – für tieferliegende Fragen, sehr persönliche. Im gemeinsamen Betrachten entstehen Gespräche, in denen wir diesen Fragen nachspüren. Und oft geht jemand aus so einem Moment etwas besonnener, heiterer, berührter wieder hinaus – mit einer Erkenntnis, vielleicht sogar mit einer leisen Antwort.

Genau das möchte meine Kunst: Sie möchte Räume schaffen, die zum Innehalten, zum Nachdenken und zum inneren Hören einladen. Es ist großartig, wenn dadurch ein Weg sichtbar wird, eine Richtung, ein Sinn.

 

Christina Muth - Sommerräume

 6.Was erlebst du beim Malen?

Beim Malen passiert sehr viel – innerlich wie äußerlich. Ich arbeite grundsätzlich nur an Themen, Impulsen oder in Verbindung mit Musik, die etwas in mir auslösen. Etwas, das mich berührt, herausfordert oder in mir die Frage weckt: Wie lässt sich das visualisieren? Was genau möchte da eigentlich auf die Leinwand?

Gerade bei meiner David-Serie oder den Psalmen stand für mich die Frage im Mittelpunkt, wie sich bestimmte Episoden aus Davids Leben angefühlt haben könnten. Welche Haltungen und Emotionen steckten darin? Welche Farben, Formen oder Kontraste würden das spürbar machen?

Und was ist die tiefere Botschaft, die wir heute darin finden können?

Ich glaube, in solchen biblischen Texten liegt sehr viel Weisheit verborgen – wie ein Schatz, den man Schicht für Schicht freilegt.

Durch den Malprozess lerne ich selbst oft dazu. Ich bekomme neue Perspektiven auf scheinbar Vertrautes – manchmal fast wie eine stille Offenbarung. Eigentlich ist es jedes Mal eine solche Offenbarung, denn das, was sich zeigt, hätte ich selbst nie planen oder konstruieren können. Es ist mir geschenkt worden. Und genau das versetzt mich immer wieder in tiefes Staunen. Es ist, als würde sich plötzlich eine Tür öffnen – zu einem tieferen Verständnis.

Spannend ist auch, was nach der Entstehung geschieht. Die Bilder sind meist abstrakt mit figurativen Elementen – das lässt Raum für Interpretation. Jeder Mensch bringt seine eigene Erfahrung mit und sieht etwas anderes darin. Manchmal denke ich, man könnte darüber ein ganzes Buch schreiben – mit all den Gedanken, die Betrachter in ein Bild hineinlegen. Denn auch das gehört für mich zum Malprozess dazu – dass sich das Werk weiterentwickelt im Auge des anderen.

 

Christina Muth - Sommer

7.Was begeistert dich daran, abstrakt zu malen?

Mich begeistert vor allem der offene, suchende Prozess, den die abstrakte Malerei ermöglicht. Ich arbeite nicht mit einem fertigen Konzept, sondern begebe mich bewusst in einen Vertrauensprozess. Ich suche nach Antworten, die ich mir nicht ausdenke, sondern die sich im Malen selbst zeigen – oft unerwartet, lebendig und jenseits von Schablonen.

Die Abstraktion gibt mir den nötigen Spielraum, um das Unsichtbare, das Nicht-Greifbare zum Ausdruck zu bringen. Sie lässt Raum für Vieldeutigkeit und Tiefe. Und sie erlaubt es auch den Betrachtern, ihre eigenen Anknüpfungspunkte zu finden – unabhängig von meiner persönlichen Intention. Denn ich male nicht nur für mich, sondern auch für andere. Die Bilder sollen Impulse geben, zum Weiterdenken anregen, zum Reflektieren.

Abstrakte Werke sagen nicht, was zu denken ist – aber sie rufen etwas hervor. Wer sich darauf einlässt, spürt oft sehr deutlich, was das Bild in ihm zum Klingen bringt. Nicht selten braucht es nur die richtigen Fragen oder ein wenig Begleitung, um diese Resonanz greifbar zu machen. Jeder erkennt darin etwas Eigenes, etwas Echtes. Und genau darin liegt für mich die Kraft dieser Kunstform: Sie ist frei – und zugleich sehr klar.

 

8.Hast du eine Lieblingstechnik?

Ich arbeite mit Acrylfarben auf Leinwand – und obwohl das eine recht klassische Technik ist, reizt sie mich immer wieder neu. Ich male mit Pinseln, mit Spachteln, oft auch mit den Händen. Ich lasse Farben fließen, trage sie lasierend (leicht durchscheinend) oder pastos (kraftvoll und mit deutlicher Oberfläche) auf, experimentiere mit Struktur. Das ist kein festgelegtes System, sondern ein sehr freier, körperlicher Prozess.

Was ich an Acrylfarben besonders liebe, ist ihre Vielseitigkeit – und gleichzeitig ihre Eigenwilligkeit. Sie trocknen schnell, was mir erlaubt, in vielen Schichten zu arbeiten und dabei spontan zu bleiben. Aber genau diese Eigenschaft bringt auch Herausforderungen mit sich: Acrylfarben dunkeln beim Trocknen nach, oft verlieren bestimmte Töne ihre Leuchtkraft. Ein kräftiges Grün oder ein vibrierendes Petrol zum Beispiel – das kann beim Trocknen stumpfer wirken, als ich es beabsichtige.

Dann beginnt ein Ringen um Nuancen, ein Austesten, ein geduldiges Farbenmischen. Genau das erweitert meine Grenzen. Denn ich muss die Farben immer wieder neu verstehen lernen – nicht nur technisch, sondern auch atmosphärisch. Und vielleicht ist es gerade diese Spannung zwischen Kontrolle und Loslassen, zwischen Präzision und Freiheit, die die Acrylmalerei für mich so lebendig macht.

 

Christina Muth - Zweige

9.Was empfiehlst du Menschen, die gerne malen würden, sich aber nicht trauen anzufangen?

Ich glaube, da können wir viel von Kindern lernen – besonders von denen, die noch in der Grundschule sind. Kinder handeln spontan, intuitiv und folgen ihrer Freude. Sie denken nicht lange nach, sondern lassen sich von Neugier und Tatendrang leiten. Sie wollen entdecken, ausprobieren, sich bewegen. Sie lachen, machen Fehler, wischen etwas weg und fangen neu an. Sie haben keinen Anspruch an Schönheit oder Perfektion – sie beginnen einfach.

Wenn der Wunsch zu malen da ist, ist das der richtige Zeitpunkt. Es braucht keine perfekte Vorbereitung, keine vollständige Materialsammlung. Es geht darum, dem inneren Impuls zu folgen. Aus der Freude heraus zu beginnen – nicht aus einem Leistungsdenken heraus. Einfach loslegen, ohne Angst vor dem Ergebnis.

Und dann geschieht oft etwas Wunderbares: ein Staunen über den eigenen Ausdruck, über das, was entsteht, über die innere Freiheit, die sich plötzlich einstellt. Jedes Bild, das aus einem echten Verlangen heraus entsteht, trägt ein Stück Wahrheit in sich -unabhängig davon, wie „gut“ es ist. Diese Wahrheit ist der eigentliche Schatz.

 

10.Wie kam es zur Idee für den YouTube-Kanal?

An Ostermontag hatte ich ein prägendes Erlebnis: Während eines abendlichen Spaziergangs durfte ich tief berührende Naturimpressionen fotografisch festhalten. Es war, als hätte sich die Welt für einen Moment geöffnet. Aus diesen Bildern entstand fast wie von selbst eine kleine Serie – ruhig, kraftvoll, symbolisch. Und mit ihnen kam eine leise, innere Stimme, die mir zuflüsterte: „Zeig das. Teil es. Lass Bild und Klang zusammenfinden.“

So entstand die Idee für meinen YouTube-Kanal „Kunst- und Musikgalerie“

Ich wollte einen Ort schaffen, an dem meine gemalten Werke und Fotografien in Verbindung mit Musik neue Erfahrungsräume eröffnen. Musik, die nicht nur unterlegt, sondern mitträgt, vertieft, in Schwingung versetzt. Besonders bewegend war es, als ich für die Naturfotoserie rund um Ostern das Lacrimosa von Mozart entdeckte.

Diese Musik schien wie geschaffen für diese Bilder und ihre Botschaft – als wären sie füreinander bestimmt gewesen. Solche stimmigen Verbindungen sind kostbar, denn die Suche nach passender Musik ist oft herausfordernd:
Viele Stücke sind urheberrechtlich geschützt und nicht frei verfügbar. Doch ich bemühe mich, lizenzierte Musik zu finden, die der inneren Tiefe meiner Arbeiten gerecht wird. Ich nenne diese Videos „meditative Musikreisen“, weil sie den Betrachter einladen, still zu werden, zu fühlen, zu horchen – und sich auf eine innere Reise zu begeben.

Ich weiß noch nicht, wie sich dieser Kanal entwickeln wird. Aber ich folge weiter diesem inneren Ruf, mit meiner Kunst zu berühren, zum Nachdenken anzuregen – und vielleicht einen Funken Trost oder Klarheit in einer oft lauten Welt zu schenken.

 

Vielen lieben Dank, an dich, Christina für diese Einblicke in deine Arbeit und deine Gedanken!! Mögen sich noch viele Räume durch deine Kunst öffnen!

Mehr von Christina Muth findest du auf ihrer Homepage https://christina-muth.de/ und bei Instagram. 

 

Christina Muth - Ausstellung

Mehr Glauben leben?

Adventsstudie – ein Interview mit Anne Gevert

Adventsstudie – ein Interview mit Anne Gevert

Jedes Jahr aufs Neue bin ich überrascht und verwundert, wenn ich im September Nikoläuse und andere Weihnachtsartikel in den Läden erblicke. Als könnte es Ende November/ Anfang Dezember nichts dergleichen mehr geben und als müsse man sich rechtzeitig wappnen, um ja ein paar Wochen später nicht zu kurz zu kommen.
Als mir die Tage unerwartet ein Adventsartikel von einer Freundin empfohlen wurde, war ich dagegen sofort motiviert, auch andere darauf aufmerksam zu machen.
Worum es geht, erfährst du im folgenden Interview mit Anne Gevert und … es gibt nach langer Zeit auch mal wieder etwas zu gewinnen.

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