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 Einsam gemeinsam oder gemeinsam statt einsam

 

 

Daniela Irle

22. Januar 2025

Also, das hätte ich vorher auch nicht gedacht: Dass ich mich ärgern würde, wenn der Hund nicht da wäre.
Ich hatte es fest im Plan gehabt, am Nachmittag eine Runde durch die winterlich sonnige Landschaft zu drehen und unseren Hund mit auszuführen. Aber der Rest der Familie wollte ihn auch mit zu ihrem Ausflug nehmen. Da lief ich dann für mich eine kleine Runde – und fühlte mich etwas einsam ohne den Kleinen.

Einsam gemeinsam

Nach wie vor ist es so, dass er auch nicht gern allein ist. Selbst wenn ich nur für eine halbe Stunde das Stockwerk ohne ihn wechsele, findet beim Wiedersehen ein großes Hallo mit unbändiger Freude, Schwanzgewedel und Freudensprüngen statt.
Es erinnert an die Zeiten, in denen die Kinder geweint haben, sobald ich den Raum verließ. Damals konnte ich zwar die zugewandte Abhängigkeit irgendwie auch genießen aber fühlte mich doch ab und zu an Kinder und Haus gefesselt.
In der ersten Kleinkindphase wohnten wir neben Erika, einer rüstigen Rentnerin voller Humor und Weisheit. Nie werde ich vergessen, was sie damals sagte: „Wenn sie sechzehn sind, können sie alleine essen und wollen auch nicht mehr in dein Bett.“

Zu der Zeit wirkte diese Veränderung noch in sehr ferner Zukunft. Doch nun – schwups sind wir nahezu dort angelangt.
Nun wollen die Älteren je nachdem unbedingt allein sein. „Kann ich jetzt endlich aufstehen und in mein Zimmer gehen – hier geht mir alles total auf den Nerv!“, wütete es neulich am Abendbrottisch. Und mit großer Wonne sehen sie dem Tag entgegen, an dem wir als Paar mal endlich verreisen und sie es sich mit den Tanten oder allein so richtig goldig machen können.

Während eines Coachings wurde uns von einem Zitat am Klo berichtet. Sinngemäß stand dort:
„An alle Teenager in diesem Haus: Auch wenn deine Mutter dich heute nerven mag. Es ist noch nicht lange her, dass du sie so liebhattest, dass du sie nicht allein zum Klo gehen lassen wolltest.“

Inzwischen mag man morgens und mittags meinen, dass der Hund auf der Beliebtheitsskala um einige Punkte höher liegt als die Mutter. Die Begrüßungszeremonie ist von allen Seiten an Innig-, Herzlich- und Unbändigkeit nicht zu übertreffen, während ich zunächst keines Blickes gewürdigt werde.
Nur wenn jeder beschäftigt ist (mit natürlich unfassbar wichtigen Tätigkeiten, die keine Unterbrechung dulden), dann kann der Kleine kläffen wie er mag – die Mama wird’s schon richten.
Damit kommen sie nicht immer durch – aber ich kann damit leben.
Schließlich gibt es inzwischen ja auch die seltenen Momente, in denen selbst in den Ferien alle Kinder mal für ein paar Stunden aus dem Haus sind. Und da hat sich neulich tatsächlich eine leise Ahnung eingeschlichen, wie einsam das Haus in ein paar Jahren sein könnte.
Dann werde ich mir den Hund schnappen und mich freuen, dass ich meine Runde nicht allein drehen muss.

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