Von technischen und ganz persönlichen Verbindungen
Daniela Irle
20. November 2024
Kennst du das, dass du dich mit manchen Menschen ganz besonders verbunden fühlst?
Von zwei Menschen, mit denen mich viel verbindet, erzähle ich hier.
Elisabeths Erlebnis:
Es war mitten in der Nacht.
Elisabeth lag hellwach im Bett. Eine unheilvolle Befürchtung raubte ihr den Schlaf: Bestimmt war die Klemme noch dran…
Ihrem Vater war es innerhalb kürzester Zeit immer schlechter gegangen. Erinnern konnte er sich schon länger schlecht und hatte Mühe verschiedene Menschen zu erkennen.
Nun lag er im Pflegebett im Schlafzimmer und es sah aus, als wären seine Tage gezählt.
Sie, als seine einzige Tochter, sie, die auch Krankenschwester war, fühlte sich verantwortlich. Sie wollte ihrer Mutter beistehen und mit dazu beitragen, dass die letzten Tage ihres Vaters von der besten Pflege geprägt waren. Und nun das.
Sie hatte ihn versorgt, sich gut gekümmert und zugesehen, dass die Infusionen laufen und der Schlauch, der Blasenkatheter einwandfrei funktionierte. So, wie sie es gelernt hatte, hatte sie den Schlauch für die Versorgung abgeklemmt. Wenn die Klemme jedoch nun noch am Schlauch hing, gäbe es einen Stau in der Blase, der mit großen Schmerzen für ihren Vater verbunden wäre.
Was sollte sie tun? Ihre Mutter war auch so oft genug nachts wach und sie selbst war auch sehr Ruhe bedürftig. Anrufen oder Vorbeifahren wären mit Ruhestörung verbunden. Es war 3.30 Uhr in der Nacht.
Sie traf eine Entscheidung. Sie betete: „Herr, du weißt, ob die Klemme dran ist oder nicht. Bitte kümmere dich. Hilf mir! Hilf meinem Papa!“
Am nächsten Morgen sprach sie mit ihrer Mutter.
Die erzählte, wie es dem Vater ging und wie die Nacht gewesen war. Sie musste einmal aufstehen, um ins Bad zu gehen. Dachte, sie sieht doch lieber einmal nach, ob alles in Ordnung war.
Stellte fest, dass der Beutel am Ende des Katheters leer war. „Seltsam.“ Im Halbdunkel des Zimmers tastete sie vorsichtig den Schlauch ab, um ihren schwachen Mann nicht zu wecken. Ihre Hände erfühlten eine verschlossene Klemme. Sie löste sie und sah, wie sich die Flüssigkeit wieder ihren Weg bahnte.
Als sie sich wieder auf den Weg ins Bett machte, warf sie einen Blick auf die Uhr: Es war 3.30 Uhr morgens.
Nellis Erlebnis (und wie ich damit verknüpft bin):
„Hi Nelli, wie geht es Lydia?“,
tippte ich kurz in den Chat am 3. November.
Bei Lydia handelte es sich um Nellis Schwiegermutter und ich wusste, dass es ihr nicht gut ging.
Es waren ein paar Tage seit unserem letzten Austausch vergangen und ganz plötzlich mitten aus dem Alltag heraus, hatte ich das dringende Bedürfnis mal nachzufragen.
Es dauerte genau sechs Minuten, da konnte ich lesen:
„Das muss Gedankenübertragung gewesen sein. Sie ist gerade friedlich nach Hause gegangen. A. und M. waren bei ihr.“
Ich war überrascht, jedoch eigentlich nicht verwundert. Zu oft hatte ich in der Vergangenheit erlebt, dass Gott mich an etwas mit Bedeutung erinnerte. Nur ließ sich nicht immer der exakte Zeitpunkt so feststellen.
Mit Nelli war es auch nicht das erste Erlebnis dieser Art. Schon länger vor diesem Ereignis hatten wir uns so verbunden gefühlt, dass ich bereits damals geplant hatte, darüber zu schreiben.
Nelli hatte mit 36 Jahren eine schockierende Diagnose erhalten: Parkinson.
Es folgten Jahre mit verschiedenen Medikamenteneinstellungen, vielen Schmerzen und Zeiten der Hilflosigkeit.
Ich, als weit entfernt wohnende Freundin, habe immer nur im Ansatz verstanden, was sie durchgemacht und durchgehalten hat.
Dieses Jahr traf Nelli eine große lebensverändernde Entscheidung: Sie würde sich operieren lassen.
Im Frühsommer war es soweit.
Die Haare mussten ab, damit am Kopf gebohrt werden konnte. Eine Elektrode rechts und eine links mussten implantiert werden. Die Elektroden sind miteinander verbunden und weitere Kabel führen von beiden unter der Haut am Hals entlang zum implantierten Steuergerät im rechten Brustraum.
Das ist technisch hochspannend. Vor allem, weil Nelli mit einem sogenannten Kommunikationsgerät die Verbindung zum Steuergerät herstellen kann. Darüber kann sie den Batteriestatus checken und auch alle sonstigen Einstellungen. Es funktioniert jedoch nur, wenn das Kommunikationsgerät ganz dicht aufgelegt ist.
So ist es wohl auch bei uns… Verbindung ist möglich, wenn wir dicht beieinander sind. Bei Menschen jedoch nicht zwangsläufig räumlich. Unsere Gedanken und Gebete können engere Verbindungen herstellen als räumliche Nähe es vermag.
Unser zweites Erlebnis als spürbares Zeichen unserer Verbundenheit fand ein paar Wochen nach Nellis Operation statt. Es ist nicht nur eine Geschichte unserer freundschaftlichen Verbundenheit.
Hier kommen auch eine technische Verbindung und eine kleine Hündin ins Spiel:
Ich war unruhig.
Ein paar Tage lang hatte ich nichts mehr von Nelli gehört, hoffte jedoch, dass alles nach Plan lief und sie zurück zu Hause gut mit allen neuen Veränderungen klarkam. Der letzte Stand war, dass sie sich wie neugeboren fühlte und darüber jubelte, dass sie wieder alles essen konnte und krampf- und schmerzfrei schlafen konnte.
Schließlich schrieb ich auf die Schnelle eine Nachricht, erkundigte mich nach ihrem Wohlbefinden. Fügte noch ein Foto unseres Welpen mit ein, da Nelli als Hundefreundin mit ihrer Hündin Betty mir beratend zur Seite gestanden hatte, als wir uns bezüglich eines Hundes entscheiden mussten.
Es kam keine Antwort. Das war ungewöhnlich. Mehrfach sah ich aufs Handy.
Ich kann nicht mehr genau sagen, ob und was ich betete. Normalerweise wird jede Sorge schnell zum Gebet.
Meine Unruhe hielt jedoch an.
Als ich am nächsten Morgen noch immer nichts gehört hatte, versuchte ich es mit einem Anruf.
Keine Reaktion. Sollte ich ihren Mann anrufen?
„Nun werd‘ nicht panisch“, sprach ich mir selbst zu. „Bestimmt ist alles in Ordnung, er ist auf der Arbeit und es gibt irgendeine Erklärung.“
Als ich etwas ruhiger wurde, fiel mir ein, dass ich ja irgendwo auch noch eine Festnetznummer finden könnte.
Tatsache. Das Telefon läutete mehrmals, bis ich schließlich Nellis Stimme am anderen Ende hören konnte. Sie klang nicht ganz so wie immer, aber es war eindeutig sie selbst.
Erleichterung breitete sich in mir aus. Ich erfuhr, dass sich ihr Handy in Reparatur befand und sie nur hin- und wieder abends über den PC Nachrichten las. Sie hatte gehofft, dass ihre Info im Status von möglichst vielen gesehen worden war.
Komisch mit meiner Unruhe – da waren wohl die Sorgenpferde mit mir durchgegangen.
Doch ich täuschte mich.
Als wir uns weiter unterhielten, erfuhr ich, dass es Nelli nicht gut ging.
Sie, die sonst mutig jeder Herausforderung entgegentrat, hatte ich in einem schwachen Moment erreicht. Sie hatte Angst, allein das Haus das Haus zu verlassen.
Was war geschehen?
Am Tag zuvor, am Tag meiner Beunruhigung, war Nelli ins Bad gegangen. Hatte kurz zuvor auf die Uhr geschaut. Sie machte immer gern Pläne und Listen. Ein perfektes Zeitmanagement war ihr tägliches Brot.
Als sie das nächste Mal an dem Tag auf die Uhr schaute, waren 10 Minuten vergangen.
Blutend, mit schmerzendem Arm befand sie sich am Boden im Bad und konnte sich an nichts mehr erinnern.
Schock. Wie konnte das geschehen, obwohl es gar keine Anzeichen gegeben hatte?
Nichts in ihr hatte sie vor dem Schwächeanfall gewarnt. Sie wusste zwar, dass das Gehirn sich langsam in den nächsten Wochen nach der OP wieder einpassen musste und man nicht ohne Grund mindestens drei Monate kein Auto fahren durfte.
Vorsichtig versuchte sie sich zu bewegen und stellte fest, dass ihr Kopf wohl von ihrem Ellbogen abgefangen und vor einem Aufprall beschützt worden war.
Gott sie Dank!
Und dann war da noch etwas: Sie war nicht allein.
Ein beruhigendes vertrautes und warmes Fellknäul hatte sich auf ihre Brust gelegt.
Die kleine schwarze russische Schoßhündin, Betty, hatte sie bewacht.
Dicht an ihre Brust hatte sie sich zu ihrem Frauchen geschmiegt und ihr wie als Zeichen gezeigt:
Du bist nicht allein. Du bist umsorgt und geliebt.
Wir beendeten schließlich unser Telefonat mit einem Gebet.
Es war gefüllt von Dankbarkeit und auch der Bitte um weiteren Schutz und Heilung der Emotionen.
Wenn du mehr über Nellis Weg mit ihrer Erkrankung lesen möchtest, so kannst du das in ihrem Blog (https://parkinsonimrucksack.jimdofree.com) tun.
Oder noch besser: Ihr neuestes Buch kaufen mit dem Titel: „Von Hühnern, Parkinson und anderen Merkwürdigkeiten“.
Erhältlich über jeden Buchhandel oder Onlinedienstleister.
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