Eine Überraschung für Ottfried oder „Wenn nicht…“
Daniela Irle
21. Februar 2024
Ich glaube, jeder von uns ist ab und zu versucht, die müßige „Hätte-Frage“ zu stellen. Hätte ich damals besser das gesagt, dann… Hätte ich mich damals besser dort beworben…
Jeder weiß, dass es zu nichts führt.
Als ich mich mit Ottfrieds Geschichte beschäftigte, dachte ich, man könnte stattdessen öfter mal mit „Wenn nicht…“ reflektieren und so tiefe Dankbarkeit erleben.
© Foto: Daniela Irle
Wenn Ottfried zum Beispiel nicht damals an dieser riesigen Gesamtschule Lehrer gewesen wäre,
dann hätte er nie die Bekanntschaft mit einer jugoslawischen Flüchtlingsfamilie gemacht und Folgendes niemals erlebt.
Und wenn ich Ottfried nicht kennengelernt hätte, so wäre ich nie zum richtigen Zeitpunkt Hörerin seiner Geschichte geworden.
So könnte ich noch zahlreiche „Wenns“ hinzufügen, die letztlich zu dem führten, was nun hier zu lesen ist.
Es trug sich bei einer Veranstaltung in Frankfurt zu, wo Maria Prean, eine rüstige österreichische Missionarin im Rentenalter, als Sprecherin eingeladen war.
Ottfried hatte schon in einem der vorausgegangenen Jahre durch ein lebensveränderndes Heilungserlebnis persönlich Bekanntschaft mit ihr gemacht.
Nun war Ottfried an diesem Tag vor etwa 25 Jahren noch einmal nach Frankfurt gekommen, doch der Ansturm war riesig.
Sitzplätze mussten individuell von Mitarbeitern zugewiesen werden.
Als er die Frage von einer suchenden Platzanweiserin, ob er einen Sitzplatz allein bräuchte, bejahte, wurde er unversehens durch die ganzen Reihen hindurch an der Hand der Anweiserin durchgeführt.
Er traute seinen Augen kaum, als er bis zur ersten Reihe geführt und direkt neben der Sprecherin platziert wurde.
Später erfuhr Ottfried, dass Marias Mitarbeiter erkrankt war und deshalb dieser Stuhl unbesetzt gewesen war.
Da saß er – exponiert an der Bühne und völlig verdutzt.
Während er sich noch verwundert umschaute, sah er ein etwa dreijähriges Mädchen allein von der anderen Seite des Saals quer über die Bühne laufen.
Sie lief furchtlos und zielstrebig auf die erste Reihe und Maria Prean zu.
Als sie dort angelangt war, ließ sie die bekannte Sprecherin links liegen und sprang dem ohnehin überraschten Mann auf dem Stuhl daneben ohne anzuhalten auf den Schoß.
Das Mädchen umarmte ihn herzlich am Hals, sagte „Danke“ und kletterte mit einer völligen Selbstverständlichkeit wieder herunter, lief über die Bühne zurück und verschwand in den hinteren Reihen.
Ottfrieds Verwirrung und Überraschung hielten ihn davon ab auch noch nur ein Wort von Marias nun folgendem Vortrag aufnehmen zu können.
Was war das für ein Kind gewesen und hätte er das überhaupt zulassen dürfen?
Wie kam ein Dreijähriges, ihm völlig unbekanntes Kind, auf die Idee, ausgerechnet zu ihm auf den Schoß zu springen?
Er musste noch bis zum Ende der Veranstaltung auf eine Antwort warten.
Mit zielsicheren Schritten eilte eine junge Frau auf ihn zu. Neben ihr ging ein junger Mann, der das kleine nun schlafende Mädchen von der vorhin erlebten Überraschungsumarmung auf den Armen trug.
Bei näherem Hinsehen erkannte Ottfried in dem jungen Mann einen ehemaligen Schüler, mit dem er durch einen Pausen-Gebetskreis an der Schule bekannt gewesen war.
Die junge Frau, die das Gespräch begann, entpuppte sich als dessen Schwester ebenso wie das kleine Mädchen auf seinen Armen.
„Wissen Sie noch? Vor ein paar Jahren haben Sie in meiner Klasse eine Vertretungsstunde gehalten?“
Ottfried mochte sich kaum entsinnen. An diese eine Schülerin der zehn Parallelklassen konnte er sich gar nicht erinnern. Nur daran, dass er einmal sehr kurzfristig eine Stunde in einer 10. Klasse übernehmen musste, als er sich schon angeschickt hatte, den Heimweg anzutreten.
Er konnte gut abrufen, wie missmutig er gewesen war und gar keine Idee hatte, wie er diese spontane Unterrichtsstunde mit Inhalt füllen sollte.
Was er in der besagten Stunde mit den Schülern besprochen hatte, wollte ihm auch jetzt im Gespräch so gar nicht mehr einfallen.
Die junge Frau wusste es jedoch noch ganz genau.
„Kinder sind ein Geschenk Gottes“, hatte er den Schülern erzählt. „Auch die ungeborenen Babys, die sich noch unsichtbar im Bauch befinden. Schon sie sind ein Geschenk für ihre Eltern.“
Im Rückblick vermutet Ottfried, dass er als Religionslehrer in dieser Stunde einfach wiederholt hatte, was er kurz zuvor in einem Gottesdienst aufgenommen hatte.
Und bei dieser jungen Frau war dieses Wort Gottes direkt ins Herz gefallen.
Sie war eilig mit brennendem Herzen nach der Stunde nach Hause gelaufen und hatte das Wort ihrer Mutter zugesprochen.
Diese hatte sich in großer Not befunden. Die Familie war wegen des Bürgerkriegs aus dem damaligen Jugoslawien geflüchtet und die Mutter hatte sehr mit der unverhofften Schwangerschaft eines Nachzüglers zu kämpfen.
In ihrer Verzweiflung trug sie sich mit dem Gedanken herum, das Kind abtreiben zu lassen.
Als ihre Tochter mit dem Bibelvers „Kinder sind ein Geschenk des Herrn, sie sind ein Lohn aus seiner Hand.“ aus Psalm 127,3 heimkehrte, sorgte es für Klarheit und Zuversicht im Herzen der tief verunsicherten Mutter.
„Mama, wir teilen uns unser Kinderzimmer mit dem Baby!“, hatte ihre große Tochter ihr versichert.
Nun, an diesem Abend in Frankfurt war das damals geborene Mädchen schon etwa drei Jahre alt.
Als die beiden großen Geschwister den Lehrer von damals ganz vorne in der ersten Reihe neben Maria Prean erkannten, hatten sie das Mädchen zu ihm geschickt und es aufgefordert, sich bei ihm für sein Leben zu bedanken.
Wenn Ottfried nicht damals die Vertretungsstunde in dieser ihm unbekannten Klasse hätte halten müssen,…
Jetzt, Jahre später, kam das Erlebnis Ottfried wieder in den Sinn und veranlasste ihn, Geld an 1000 Plus-Profemina zu spenden; einer Organisation, die sich auf vielfältige Weise für das Leben noch ungeborener Kinder einsetzt. Die wiederum wunderten sich über seine Spende und wollten wissen, wie er dazu kam.
Und was weder Ottfried noch 1000 Plus-Profemina wissen konnten, war die Tatsache, dass ich schon seit längerer Zeit mit einem Text auf genau diese Organisation und andere aufmerksam machen wollte…
Falls du selbst als Leserin betroffen bist oder schwangere Frauen mit Sorgengedanken kennst, verweise sie gern auf 1000 Plus-Profemina oder wende dich selbst hilfesuchend an sie. Die Mitarbeiter dort werden alles tun, um zu helfen und zu unterstützen.
In einem der nächsten Beiträge werde ich weitere Organisationen zum Thema Leben von Empfängnis bis zum natürlichen Tod vorstellen.
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