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Heimat- und Zweitschatz

Daniela Irle

22. März 2024

Wer Andrea Grannemann zu Hause in dem alten Bauernhaus in Ostwestfalen besucht, der wird in jedem Raum, in jedem Stockwerk ganz viel Liebe zum Detail, Raffiniertes, Geniales und gleichzeitig ungemein viel Praktisches entdecken.
Viele Jahre haben sie und ihr Mann Energie und Geld in das Haus gesteckt, das seit über 200 Jahren im Familienbesitz ihres Mannes ist.

Beide teilen die Leidenschaft für Handwerk, Erhaltung und Restaurierung von schönem Alten, Präzision und ihren Glauben.

Eines meiner Lieblingsdetails ist das Bügelbrett-Schranksystem im Hauswirtschaftsraum neben der geräumigen Eingangsdeele und der verspielte Riegel am Gästeklo unterhalb der geschwungenen Holztreppe mit separatem Leuchtknopf, wenn besetzt ist.

Andrea gehört schon seit Jahrzehnten zu meinem Leben und daher weiß ich, dass ihr Kreativität aus jedem Knopfloch sprudelt, unterstützt von Ausdauer, Hartnäckigkeit und einer großen Portion Tatendrang. Vieles, was sie heute mit ihrem Nebenerwerbsprojekt „Zweitschatz“ erschafft, hatte seine allerersten Vorläufer schon Jahre zuvor.

So findet sich in meinem Haushalt noch ein kleines Kissen aus altem hellblau-kariertem Leinen, das schon vor langer Zeit von ihr liebevoll genäht wurde. 

Inzwischen werden zahlreiche ihrer genialen Ideen in der Buttjerschmiede in Minden, per Auftrag oder durch Instagram an überaus zufriedene Kunden verkauft.

Das reicht vom handgeschliffenen Holzlesezeichen bis zum großen Möbelstück.
Mal möchte jemand seine alte geerbte hochwertige Tischdecke nicht weggeben – hat jedoch selbst keinen passenden Tisch und sucht eine neue Verwendung. Dann entstehen möglicherweise von Andrea genähte Servietten aus dem Stoff. Oder eine Schublade soll nicht entsorgt werden – kann so aber nicht verwendet werden – dann wird ein Tablett daraus.

Andrea fällt immer etwas ein. Als Tischlereimeisterin versteht sie ihr Handwerk und fürchtet sich so schnell vor keiner neuen Herausforderung.

Doch dieser Weg, mutig mit einem Kleingewerbe zu starten war ein Prozess.

Schließlich sind da noch drei Kinder im Alter von inzwischen neun bis 14 Jahren, ihr Teilzeitjob als Tischlerin in einer Firma und viele andere Herausforderungen.
Beziehungen innerhalb der Kern- und Großfamilie und zu Freunden durften und dürfen auch heute nicht zu kurz kommen.

Lustigerweise fing ihr Traum, Altes, Schönes neu zu gestalten, am Tresen der Dorfmetzgerei an, mit einem allerersten kleinen Schritt Gestalt anzunehmen: 

„Andrea, da ist eine Kunstausstellung in der alten Tischlerei. Wäre das nicht was für dich?“

Ja, das war etwas für sie. Und aus einem Gespräch während des Besuchs ergab sich die Möglichkeit, die Werkstatt stundenweise mal zu nutzen. Das war im Sommer 2021.
Nach diesem Startschuss ging es rasant vorwärts. Im November desselben Jahres fuhr Andrea bereits aufgeregt mit ihren ersten Exemplaren zur Buttjerschmiede in Minden, um erstmals ihre Arbeit vorzuzeigen. Kurz drauf meldete sie ihr Gewerbe an.

Es ist ihr ein Anliegen lokal zu arbeiten, Lokales zu (wert-)schätzen, zu ehren und auch Menschen aus der Region zu erreichen. Ein Onlineshop kam für sie nie in Frage.

Denn was sie verarbeitet, sind ebenfalls ausschließlich alte Hölzer, Gegenstände, Stoffe und lauter Materialien aus ihrem Umfeld, die ein zweites Leben verdienen.

(Sehr beeindruckend finde ich von Idee und Verarbeitung die blaue Kulturtasche aus dem Stoff eines ausgedienten Trampolins und noch viel mehr die gewebten Teppiche aus zerschnittenen alten Jeans.)

Das Verständnis von Heimat und Beheimatung spielen für Andrea dabei eine große Rolle.
„Unsere Heimat ist eng mit unserer Identität verknüpft“, betont sie.

Wenn Andrea mit alt hergebrachten Gegenständen arbeitet, überkommt sie häufig ein Gefühl der Ehrfurcht, des Staunens, der Freude und der Anbetung.

Ehrfurcht vor ihrem Schöpfer, der die Kreativität in Person ist aber auch vor den Menschen der Vergangenheit, die mit so viel Hingabe und Präzision Stoffe gewebt oder Truhen gezimmert haben. Jeder Gegenstand erzählt eine Geschichte und ist in einer Einzigartigkeit hergestellt worden, die von Gottes unnachahmlicher Schöpfung zeugt.

Alles ist verknüpft mit der Würde, Schönheit und Wertschätzung des Einzelnen.

Ab und zu helfen ihr die alten Gegenstände, die Ereignisse der Gegenwart aus neuer Perspektive zu betrachten. So wie die alte Truhe aus dem Jahr der Französischen Revolution, die so viel überstanden und überlebt hat. Sie ist ein Zeugnis davon, das auch Zeiten des Elends überwunden werden können.

Indem Gegenstände und Materialien bei ihr ein zweites Leben erhalten, bringen sie ein Stückchen Heimat zurück.

Andrea ist davon überzeugt, dass wir geschaffen wurden, um kreativ sein zu können, ganz im Ebenbild unseres Schöpfers, der uns selbst voller Kreativität als absolute Individuen geschaffen hat.

Der Name „Zweitschatz“ ist aus ihrer Verbindung mit Gott heraus einfach aufgepoppt.
Die Wortschöpfung stand ihr eines Morgens unvermittelt greifbar vor Augen.


Zu Andreas Tagesritual gehört die feste Zeit allein mit Gott. Ihre Bibel, ihr Tagebuch und Zeit fürs Hören und Reden mit Gott sind die zentralen Elemente, die sie braucht, um Kraft zu tanken, Wegweisung zu erhalten und Freude zu erleben. Meist geschieht das schon sehr früh am Morgen zwischen 5 Uhr und 6.30 Uhr.  
Da sie ihren Tag inzwischen als sehr erfüllend erlebt, macht es ihr nichts aus, die Nacht schon früh einzuläuten, um auf ihre acht Stunden Schlaf zu kommen.

Sehr häufig erlebt sie, wie Gott sie schon am Morgen auf etwas vorbereitet oder geniale Ideen einfach zu ihr kommen.

Für Interessierte vor Ort bietet sie inzwischen hin und wieder Workshops an, in denen es mal um Upcycling bestimmter Stoffe, die Kerzenproduktion aus alten Wachsresten oder ganz neue Ideen geht.

Menschen, die gerne ihre Träume so wie sie verwirklichen würden, aber keine Ahnung haben, wie das geschehen soll, gibt Andrea eine typische Frage von Kerstin Hack aus dem Coaching weiter:

„Was ist der allererste kleinstmögliche Schritt, den du gehen könntest?“

Für Andrea ist das nach wie vor die Frage der Fragen, wenn es um Weiterentwicklung geht.
Und ab und zu bedeutet das zu warten. So wie im Moment auf den Werkstattbereich im alten Stall, für den zurzeit die Kapazität nicht ausreicht.

Dabei hilft Andrea inzwischen ein großes Stück Gelassenheit. „Gott hat immer das perfekte Timing. Das entspannt mich ungemein.“

Wer ein kleines Stück gestaltete Heimat aus Westfalen bei sich zu Hause beheimaten möchte, kann an unserer Verlosung teilnehmen.
Ausnahmsweise wird von Andrea auch deutschlandweit verschickt 😉. Für Gewinner aus der Region besteht die Möglichkeit einer direkten Übergabe.

Schreibe mir bis zum 25. 3. 2024 eine E-Mail über das Kontaktformular mit deinem Namen und dem Betreff: „Zweitschatz“. So nimmst du an der Verlosung von insgesamt drei handgefertigten Lesezeichen aus Holz von Andrea teil. (Fühlen sich total wunderbar an!).

Teilnehmen kann jeder über 16 Jahre. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Finden kannst du Andrea Grannemann unter „Zweitschatz“ bei Instagram und demnächst unter ihrer Homepage: zweitschatz.de

Die Fotos stammen von Andrea Grannemann selbst – ganz vielen Dank!

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